Herrn DI Dr. Jürgen Hartler vom Institut für Genomik und Bioinformatik, Technische Universität Graz erhielt den Stefan-Schuy-Preis 2012 für seine hervorragende Arbeit: ‚Lipid Data Analyzer: unattended identification and quantitation of lipids in LC-MS data’. J. Hartler, M. Trötzmüller, Ch. Chitraju, F. Spener, H.C. Köfeler und G.G. Thallinger. Bioinformatics, Vol. 27 (4) 2011, pp 572-577.

Lipid Data Analyzer: automatisierte Identifizierung und Quantifizierung von Lipiden aus LC-MS Daten.
Die exakte Bestimmung von biologischen Substanzen in Organen und Körperflüssigkeiten erlaubt einen tieferen Einblick in physiologische und pathologische Prozesse. Der Erforschung von Lipiden wurde in der Vergangenheit weniger Beachtung geschenkt, obwohl Lipide laut jüngsten Forschungsergebnissen nicht nur eine wichtiger Rolle in Arteriosklerose, sondern auch in Krankheiten wie Diabetes Mellitus, Alzheimer, Krebs, und Multiple Sklerose spielen. Die sensitivste Methode zur Detektion und mengenmäßigen Bestimmung dieser Substanzen ist die mit Flüssigkeits-chromatographie gekoppelte Massenspektrometrie (LC-MS). Diese Methode kann Hunderte bis zu Tausende Substanzen in einem Messdurchlauf detektieren, wobei kleinste Substanzmengen problemlos im Beisein von großen Stoffmengen identifiziert werden können. Zur Bewältigung dieser umfangreichen Datenmengen und zur Extraktion der relevanten Information ist die Hilfe von zuverlässigen, höchstsensitiven und spezifischen Analysealgorithmen unabdingbar.

Obwohl moderne Massenspektrometriegeräte einen sehr großen Messbereich aufweisen, kann die verfügbare Software diesen oft nicht ausreichend nutzen. Substanzen von biologischer Relevanz, die aber nur in kleinsten Mengen vorhanden sind, können für die Forscher unentdeckt bleiben. Ein Hauptgrund dafür sind überlappende Signale, die von zwei oder mehrere Substanzen herrühren. Im speziellen kommt es bei Lipiden regelmäßig zu Überlappungen. Aufgrund natürlich vorkommender Isotope wird ein und dieselbe Substanz in der Massenspektrometrie durch mehrere, um jeweils um 1 Da getrennte Signale detektiert. Der Unterschied von einer Lipidspezies zu einer anderen beträgt allerdings zumeist eine Doppelbindung, die durch den Verlust von 2 Wasserstoffatomen eine Differenz von 2 Da hervorruft. Dadurch kommt es regelmäßig zu Signalüberlappung von dem zu detektierenden Lipid mit dem um 2 Masseneinheiten schwereren Isotops des Lipids mit einer zusätzlichen Doppelbindung.

Der entwickelte Algorithmus kann mit Hilfe eines 3D-Verfahrens überlappende Signale wesentlich besser trennen als bestehende Verfahren. Zusätzlich wird die theoretische Isotopenintensitätsverteilung berechnet, die für die korrekte Zuordnung der Signale zu den jeweiligen Lipidspezies sorgt. Durch diese beiden innovativen Ansätze konnte im Vergleich zu bestehender Software in einem Messbereich 106 die Sensitivität von 86,1% auf 93,3%, und der positive Vorhersagewert von 89,4% auf 99,1% gesteigert werden. Wenn nur eindeutige Identifzierungen gezählt werden, weist die Sensitivität sogar eine Steigerung von 63,0% auf 90,4% auf. Der Algorithmus ist in die benutzerfreundliche Lipid Data Analyzer (LDA) Software integriert, um die Verwendung durch Forscher mit geringerem Informatikbackground möglichst einfach zu gestalten. Durch diese Arbeit ist eine großteils automatisierte Quantifizierung von Hunderten von Lipiden und auch anderen biologisch relevanten Substanzen möglich, wobei auch kleinste Signale problemlos detektiert werden können.